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Der zeite Blick – Anders Dickson, Herve´Garcia, Vladimi´r Houdek
Bilderreihe
Eröffnung: 12. Juni 2015, 19 Uhr

Neueröffnung der Galerie Scharmann & Laskowski in der Schaafenstraße 10.
Birgit Laskowski und Marion Scharmann werden Galeriepartnerinnen.

»Der zweite Blick«
Gruppenausstellung mit Werken von Anders Dickson, Hervé Garcia und Vladimír Houdek --> Ausstellungsansichten

Der Titel der Ausstellung ist mehrdeutig: Der zweite Blick enthüllt oft, was der erste noch nicht preisgibt. Im Zeitalter einer Bilderflut, die den Betrachter im Sinne einer Ökonomie der Wahrnehmung dafür trainiert hat, möglichst rasch das Interessante vom Uninteressanten zu unterscheiden, buhlen die Bilder umso mehr um die oberflächliche Aufmerksamkeit.

Das mag im Unterschied den Reiz und die Qualität von Bildern in der Kunst begründen: Sie fordern den Betrachter heraus, genauer hinzusehen: Hier lässt meist erst der zweite Blick, der konzentrierte, beobachtende, manchmal auch analytische Blick die Bedeutung erfassen, die nicht nur materiell tiefer liegenden Schichten erkennen und führt zum Verständnis, zu einer neuen Logik der Zuschreibung oder auch zur Anregung der Imagination – im besten Fall mit dem Ergebnis, dass sich am Ende alle Suche nach Referenzen erübrigt, da das Werk auch seine autonome Gültigkeit mit Erfolg verteidigt hat.

Die beteiligten Künstler richten ihren zweiten Blick nicht nur auf das Bildrepertoire der Welt, das sie alltäglich umgibt, um daraus wie der französische Künstler Hervé Garcia Material zu schöpfen und dessen vermeintlich selbstverständliche Auslegung zu hinterfragen, sondern auch zurück in die Kunstgeschichte, um das darin für sie Relevante neu zu interpretieren, wie der Tscheche Vladimír Houdek, der sich insbesondere dem frühen Modernismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts verbunden fühlt.

Assoziativ verknüpft ist der zweite Blick auch mit dem Begriff des ›zweiten Gesichts‹, der Fähigkeit, die manchen Personen zugesprochen wird, Dinge wahrzunehmen, die andere nicht sehen. Dieser Grenzbereich der Interpretation interessiert den Amerikaner Anders Dickson vor dem Hintergrund mythischer und literarischer Quellen.

Nicht zuletzt gesellt sich mit dem Eintritt einer zweiten Person in die Galerie ein weiterer Blick auf das Kunstgeschehen hinzu und es werden nun Ausstellungen und Veranstaltungen mit den Augen beider Galeristinnen konzipiert werden.

Anders Dickson (*1988 / Richmond, Wisconsin, USA) schafft in häufig eher kleinformatigen Zeichnungen auf Papier und seinen Malereien, Assemblagen, Skulpturen und installativen Werken ganz eigene Welten, durchzogen von skurrilen, teils spirituellen Elementen, die sich aus dem amerikanischen Kulturkreis nähren.

Verweise auf literarische Klassiker wie Moby Dick von Herman Melville oder die Beschäftigung mit Figuren und Darstellungen aus der indianischen Mythologie wie dem Trickster, der als zwiespältiger Charakter in vielen Kulturkreisen auftaucht und den auch C.G. Jung als ›göttlichen Schelm‹ untersucht, werden verwoben mit Fundstücken und Alltagstopoi aus der zeitgenössischen Kultur. In den malerischen und plastischen Arbeiten von Anders Dickson löst Gegenständliches sich in atmosphärischen Farbzonen auf, Aufbau und Zerstörung liegen nah beieinander, körperliche Kraft und geistige Energie werden in ihren konstruktiven wie destruktiven Möglichkeiten spürbar.

In den Arbeiten von Hervé Garcia (*1971 / Dakar, Sénégal) wird in vielfältigen Medien ein Bild von der Wirklichkeit gleichzeitig montiert und demontiert: plastische Werke, Malerei, Fotografie und Collage werden ihrer herkömmlichen Einsatzweise und Erscheinungsformen beraubt und in neue Synthesen gebracht, so wird zum Beispiel im Durchstoßen der Trägerfläche ein Gemälde zum dreidimensionalen Objekt gewandelt. Abbildungen aus Journalen, Buchcover und andere Versatzstücke, die der Künstler sammelt und integriert, werden verborgen oder zerstört, Neues entsteht daraus und verweist dennoch immer auf das Vorgefundene, auch in seinen kunsthistorischen Rückbezügen. Das Verbergen von Bildinformationen durch Verdecken anhand von Übermalungen oder Überklebungen, aber auch durch Herausschneiden, Herauslösen, Zerschneiden und Ausradieren zwingt und verlockt den Betrachter zur Durchdringung der Oberfläche. Der Gestus des Künstlers ist geprägt von einer gewissermaßen ›feinfühligen Aggression‹ und inspiriert von jenem radikalen Akt Robert Rauschenbergs, der eine Zeichnung von Willem de Kooning ausradierte.

Vladimír Houdek (*1984 / Nové Město na Moravě, Tschechien) bedient sich einer Formensprache zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, die seine Auseinandersetzung mit der tschechischen, russischen und europäischen Avantgarde der 20erJahre belegt. Der Hintergrund seiner immer seriell angelegten Gemälde in Öl und Acryl auf Leinwand ist konsequent in einer reduzierten, düsteren Farbpalette gehalten. Die Farbe wird pastos über die Ränder der Leinwand hinaus aufgetragen, wie ein unbestimmter Urgrund, aus dem sich umso deutlicher mit großer Präzision wiedergegebene geometrische Formen abheben. Chaos und Ordnung bilden auf den Gemälden von Houdek eine dialektische Einheit: Die meisten der Werke in der Ausstellung gehören zur Serie Grid, der ein Gittermuster wie eine Art referentielles System zugrunde gelegt ist. Wie Descartes scheint er die Welt einerseits zu vermessen, um andererseits Surreales darin herumschwirren zu lassen. Der Kreis als komplex symbolisch belegte geometrische Grundform tritt dabei häufig in Erscheinung, aber auch andere gegenständliche Formen wie Schleifen, Kordeln oder gefächerte Elemente – alle dazu geeignet, sie als Sinnbilder und Anknüpfungspunkte zum interpretativen Einstieg zu ergreifen – oder auch nicht.
Papierausschnitte werden collageartig in einem additiven Verfahren in den Bildraum integriert. Dabei arbeitet der Künstler ohne Vorskizzen und bewegt sich bei der Herstellung in einem wechselnden Prozess von Applikation und Abtragung durch die Schichten des Bildes, vergleichbar der Bewegung der Erinnerung durch das individuelle oder kulturelle Gedächtnis – ein Motiv, das die Arbeiten aller drei gezeigten Künstler vereint.

Die Galerie Scharmann & Laskowski zeigt internationale, zeitgenössische Kunst in ihren Kölner Galerieräumlichkeiten sowie im In- und Ausland in Kooperationen mit überregionalen Partnern. Neben der klassischen Galerietätigkeit möchten wir unsere Energie verstärkt auf die Erzeugung eines nachhaltigen ›Echoraums‹ in den Ausstellungen richten: Diese werden begleitet von Vorträgen, Künstlergesprächen und spartenübergreifenden Veranstaltungen. Dabei wird insbesondere der geistige Kosmos beleuchtet, aus dem sich die Arbeit der vorgestellten Künstler speist.

In Rückbesinnung auf die programmatische Definition einer Galerie der 60erJahre als einem Ort, an dem Kunst nicht nur vermarktet, sondern auch Inhalte und Hintergründe der Kunstproduktion verhandelt werden, sollen ohne falsche Nostalgie, aber mit einem möglichst hohen Potential an Lebendigkeit und Sinnlichkeit der Diskurs und der Verkauf in produktiver Weise für alle Beteiligten – Künstler, Sammler, Kuratoren, Publikum und Galeristen – vereinbart werden.

Opening: June 12th, 7pm

Opening of Galerie Scharmann & Laskowski at Schaafenstraße 10.
Birgit Laskowski and Marion Scharmann will be gallery partners.

»The Second Look«
Group Show with works by Anders Dickson, Hervé Garcia und Vladimír Houdek

The title of the exhibition is ambiguous: A second look often reveals what the first had yet to show. In the technological age, where the bombardment of available images has conditioned the viewer to rapidly discern between what is perceived to be of interest from the less interesting, images compete for even the most superficial consideration.

This may in contrast establish the attraction and quality of images in art: They challenge the viewer to look closer: This allows most often on the second look, a more exact, focused and even analytical observation in which the viewer may grasp insight into the deeper layers leading to a greater understanding, a new logic of attribution and further inspiration for the imagination – ultimately, and in the optimum circumstances, the result is a cessation of the need to search for references, since the work itself can be seen to have defended its autonomous validation.

The participating artists direct their second look not only toward the repertoire of images of the everyday world that surrounds them, as in the case of French artist Hervé Garcia who in the process of creating, questions its assumed interpretation, but they also reflect on art history, as with Czech artist Vladimír Houdek, who feeling especially connected to early modernism from the early part of the twentieth century, seeks relevance in new interpretations.

Connected associatively with the second look and additionally with the term the ›other face‹, is the belief in clairvoyant perception attributed to certain people who are thought to see things beyond the sensory range of others. This peripheral area of interpretation against a background of mythical and literary sources is of interest to the American artist Anders Dickson.

Finally and of equal importance, the appearance of a second person in the gallery means that another view of the art scene has been introduced and henceforth exhibitions and other events will be conceptualized through the eyes of two gallerists.

Anders Dickson (*1988 / Richmond, Wisconsin, USA) creates small drawings on paper, and along with his paintings, assemblages, sculptures, and installation works, they represent self-contained worlds that draw their inspiration from American culture and are pervaded by bizarre and spiritual elements.

References to literary classics like Moby Dick by Herman Melville or the involvement with figures and motifs from American Indian mythology like the Trickster, who emerges as an ambivalent character in many cultures and which C.G. Jung explored as the ›divine prankster‹, are woven together with found objects and everyday topics from contemporary culture. In Anders Dickson’s painterly and plastic works the representational dissolves into atmospheric color zones, construction and destruction lie close together, physical force and spiritual energy become perceivable in their constructive and destructive possibilities.

In the work of Hervé Garcia (*1971 / Dakar, Sénégal) an image of reality is simultaneously constructed and deconstructed in various media: sculptures, painting, photography, and collages are robbed of their conventional application and are transposed into new syntheses. For example, by piercing through a picture carrier a painting is transformed into a three-dimensional object. Images from magazines, book covers, and other set pieces collected and integrated by the artist, are hidden or destroyed, something new arises yet refers back to that which already existed along with its art historical context. The concealment of pictorial information by overpainting or pasting over, in addition to cutting out, separating, deletion, and erasure, forces and tempts the viewer to penetrate the surface. The artist’s gesture is virtually characterized by a ›sensitive aggression‹ and is in the spirit of Robert Rauschenberg’s radical act, when he erased a drawing by Willem de Kooning.

Vladimír Houdek (*1984 / Nové Město na Moravě, Czech Republic) applies a form of artistic language that lies between abstraction and representation, and which points to his discourse with the Czech, Russian and western European avant-garde of the twentieth century. The background of his serial paintings in oil and acrylic on canvas is confined to a reduced, somber range of colors. The paint is applied impasto over the edges of the canvas like an uncertain original ground yet from which, clear geometric forms of great precision distinctly stand out. Chaos and order form a dialectical unit in Houdek’s paintings: Most of the paintings presented in the exhibition belong to the series Grid, which is based on a grid pattern, a kind of referential system. Like Descartes he seems on one hand to measure the world, only to allow on the other hand, disorder to hold sway. In the process, the circle as a complex symbolically charged geometric basic form surfaces often, as do other representational forms like bows, cords, or fanned out elements – all suitable to be grasped as symbols and links and interpretive points of departure – or not, as the case may be.
In an additive process paper cut-outs are integrated into the pictorial like collages. The artist does not work with preliminary sketches, but rather proceeds in an alternating process of application and ablation through the layers of the painting, a movement in itself, comparable to the movement of memory through both individual and collective cultural consciousness – a motif uniting the work of all three artists.

Galerie Scharmann & Laskowski presents international, contemporary art both in its gallery spaces in Cologne and also nationally and internationally in cooperation with its supraregional partners. In addition to traditional gallery activities, we strive to direct our energy in exhibitions more towards the establishment of a sustainable ›echo space‹: exhibitions will be accompanied by lectures, artist talks, and multidisciplinary events. In particular it is intended that light be shed on the spiritual cosmos in which the work of the presented artists is rooted.

In reflecting on the programmatic definition in the 1960s of the gallery as a place in which art is not only sold but where the content and background of art production is discussed, we will, while avoiding any misplaced nostalgia for that era, aim with the greatest possible vigor and pleasure to arrange both discourse and sales in the most productive way for all participants—artists, collectors curators, clientele, and gallerists.


Der zweite Blick
13. Juni – 18. Juli 2015
Öffnungszeiten: Mi – Fr 14 – 18 Uhr, Sa 12 – 16 Uhr

The second Look
June 13 – July 18, 2015
Opening hours: Wed – Fri 2 pm – 6 pm, Sat 12 pm – 4 pm

Galerie Scharmann & Laskowski, Schaafenstrasse 10, D-50676 Köln
Marion Scharmann, Mobil +49 173 344 28 44, ms@scharmann-laskowski.com
Birgit Laskowski, Mobil +49 178 847 47 86, bl@scharmann-laskowski.com

www.scharmann-laskowski.com
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